Kolumne

Montag, 2. Januar 2006

Die Lücke schließen zwischen Sagen und persönlichem Tun

Gerade erst wieder haben wir ein gesellschaftliches Phänomen beobachtet. Was heißt beobachtet, wir waren allesamt mittendrin selbst engagiert. Pünktlich beim Erhellen der Böller am mitternächtlichen Himmel haben wir uns persönliche Ziele für 2006 vorgenommen. Ob es das Abnehmen überflüssiger Kilos ist, der Verzicht auf den Glimmstengel, das intensivere Kümmern um den Partner/die Kinder oder im Berufsleben voll durchzustarten. Jetzt kommt es darauf an, diesen Worten auch Taten folgen zu lassen. Ich weiss wovon ich rede, auch ich habe einen gewichtigen Vor(bau)satz, den es in den kommenden Monaten einzulösen gilt. Zwar ist es ein alljährlich wiederkehrendes Ritual, sich entsprechende Vorgaben selbst zu machen. Doch die Glaubwürdigkeit bleibt auf der Strecke, wenn bereits wenige Tage nach dem 1.1. alle Vorsätze über Bord geworfen werden. Zwar ist ein Dampfer tatsächlich schneller, wenn etwas, in diesem Fall die Vorsätze, über Bord geworfen werden. Doch Leichtigkeit führt noch nicht zum Ziel. War nicht das Wort "Leichtmatrose" 2005 ein geflügeltes Wort? Was wollen wir eigentlich? Ein Ziel erreichen! Jeder hat ein anderes, manche gar mehrere Ziele. Doch um dies zu erreichen, braucht es jemand, der das Schiff auf Kurs hält. Als Mittelgebirgler sind solche maritimen Weissheiten immer mit Vorsicht zu genießen, ich gebe es zu, doch Ziele sind im Allgemeinen wichtiger als Vorsätze, das gilt sowohl für die Nordsee als auch den Taunus. Ein Kapitän wird alleine sein Ziel auch nicht erreichen. Hierzu bedarf es einer Mannschaft. Binden Sie also andere mit ein, die Ihnen tatkräftig helfen, um Ihr Ziel zu erreichen - und lassen sie sich auch selbst einbinden beim Helfen anderer. Gemeinsam gewinnen wir an Fahrt und erreichen unsere Ziele. Soweit das Wort zum Jahresanfang, von ihrem Kommunikations-Blogger Peter Wolff.

Freitag, 30. Dezember 2005

Geraten Sie nicht ins Schlittern

Sylvester und Neujahr stehen vor der Tür. Und passend zur Sektlaune soll uns das Wetter mit Eisregen überraschen und die Straßen sollen zum Schleudern einladen. Doch das abgelaufene Jahr hat es in diversen Beispielen gezeigt, auch in Fragen der Unternehmenskommunikation kann das eine oder andere Unternehmen ins Schlittern geraten, wenn es sich nicht auf Eventualitäten vorbereitet, den Markt mit seinen Kunden und Wettbewerbern nicht permanent im Auge behält, sich wenig professionell verhält und sich folglich hin und wieder unvorbereitet in Kommunikationskrisen wieder findet. Ein glitschiges Thema. Deshalb, zu Sylvester soll es ja gute Vorsätze fürs neue Jahr geben, mein Ratschlag an alle wirtschaftlich Selbständigen, also Unternehmer, Künstler und sonstigen Freiberufler: Kommuniziert aktiv mit Eurer Umwelt - und den Medien. Denn nur, wer von sich aus aktiv wird, hat bessere Chancen in Bezug auf Glaubwürdigkeit und Authentizität. Und auch dies sollte nicht vergessen werden, wer sich selbst mit positiven Dingen und dauerhaft ins Gespräch bringt, der gewinnt meist in seinen Imagewerten und wird stärker wahrgenommen, als seine Wettbewerber. Das ist es doch, was wir alle wollen, mindestens eine Nasenlänge Vorsprung vor den anderen im Markt. Nur der Kunde muss mitspielen. Deshalb sollten wir ihn nicht vergraulen oder verärgern, ihn aber umgekehrt auch nicht unsere Produkte nach seinem Motto "Geiz ist geil" nachschmeißen. Es muss wissen, was sie ihm wert sein sollten. Auch wir sollten wissen, was unsere Leistung Wert ist. So betrachtet, kann das Jahr 2006 nur besser werden. Zumindest an der Kommunikation kann immer noch und wieder gefeilt werden. Das wünscht Ihnen für 2006 Ihr Kommunikations-Kolumnist Peter Wolff.

Freitag, 23. Dezember 2005

Frohe Weihnacht

Ist denn heut schon Blogzeit oder doch bereits Weihnachten? Ich sehe es ein, es ist letzteres. Da bleibt auch einem PR-Kolumnisten wie mir nur die Möglichkeit, mich bei allen Befürwortern und Kritikern zu bedanken und allen schöne Festtage und einen guten Rutsch ins Jahr 2006 zu wünschen. Für den Einen oder Anderen der noch ein stimmungsvolles Ambiente unter dem Weihnachtsbaum benötigt, dem sei der Gratis-Download meines Kunden, des Sängers Werner Aurin, empfohlen, der seine selbstkomponierte "Frohe Weihnacht" auf seiner Internetseite AurinMusic in zwei Fassungen anbietet: Deutsch und International mit Kindern verschiedener Nationalität gesungen.

Für den Gabentisch zu Weihnachten zu spät, aber rechtzeitig zu Ostern gibt es neue Blog-Lektüre: Im Datakontext-Verlag wird mein Titel "Die Macht der Blogs" (ISBN: 3-89577-409-X) erscheinen. Aber es heißt ja ohnehin, Vorfreude ist die schönste Freude, also etwas Geduld, besinnliche Tage und ein erfolgreiches Jahr 2006 wünscht Ihnen Ihr PR-Fachmann Peter Wolff.

Mittwoch, 7. Dezember 2005

Machos auf den Chefsessel

Das Phänomen begegnet einen ja auf Schritt und Tritt. Die abgedrehtesten Rüpel und Machos werden von Frauen begehrt, wo uns Männern doch schon seit Jahrzehnten nahe gelegt wird, sensibel zu sein, im Haushalt zu helfen und so weiter. Zwar schön und gut, doch Erfolg verspricht die andere Variante. Das gleiche Resultat belegen jetzt Studien, die erforschten, welche Geheimnisse sich hinter der beruflichen Karriereleiter verbirgen. Gut, das Studienfach spielt auch eine Rolle. Wirtschaftwissenschaftler erobern schneller den Karrierethron, als Techniker, Mediziner und Naturwissenschaftler. Geisteswissenschaftler, einschließlich der Lehramtsstudenten, besitzen demnach fast gar keine Karrierchancen in der Wirtschaft. Doch viel wesentlicher: "Wer barsch auftritt verschafft sich daher mitunter mehr Respekt und wird auch bei Beförderungen eher berücksichtigt" schildert die Psychologin Andrea E. Abele-Brehm ein Ergebnis ihrer Studie. Freundlichkeit werde allzu häufig mit Schwäche gleichgesetzt, so die Professorin der Universität Nürnberg. Eine weitere Studie ihrer Kollegen Grau, Wolff und Moser liefert eine weitere erschreckende Erkenntnis. Das altbekannte Vitamin B, neudeutsch auch Networking genannt, ist ein ganz entscheidender Faktor beim beruflichen Erfolg. "Wer fleißig klüngelt, darf sich also berechtigte Hoffnungen auf ein dickes Salär machen", faßt die aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift Manager Seminare Nr. 93 diese Ergebnisse zusammen. Demnach korreliert Networking nicht nur mit der absoluten Höhe des Jahresgehalt, sondern ist darüber hinaus signifikanter Prädikator der Gehaltszuwächse bei Akademikern. Insofern war der Begriff des Vitamins nicht allzu verkehrt. Vitamine helfen doch sowieso bei allem und jeden.

Da stellt sich mir natürlich die Frage, was soll eine gute Bildung, eine soziale und fachliche Kompetenz, ein hervorragendes Kommunikationsverhalten, wenn im wirklichen Leben andere Maßstäbe gelten? Statt der jährlichen PISA-Studie empfiehlt daher heute Ihr Kommunikationsfachmann Peter Wolff der neuen Kanzlerin eine regelmäßige MACHO-Studie für die deutsche Wirtschaft. Steht der schiefe Turm von Pisa nicht ohnehin als Abbild für männliche Omnipotenz? Da ließe sich problemlos eine Macho-Studie einreihen. Waren dies nicht ohnehin die Typen, auf die Frauen stehen, Frau Merkel? Oder läuft hier was anderes schief? Für heute werden die Ärmelschoner abgestreift und die Ellenbogen ausgefahren, versprochen, Ihr Peter Wolff.

14 Millionen Blog-Karteileichen?

So sehen es jedenfalls die Wissenschaftler Ebner/Baumann/Krcmar in ihrem Aufsatz Blogify or Die im aktuellen PR Magazin 12/05. Sie zitieren hierbei die Studie von Perseus, nach der zwei Drittel aller Blogs seit mehr als zwei Monaten nicht mehr gepflegt wird. Aus Frust über mangelnde Leserschaft oder weil sich herausstellte, dass der Aufwand des regelmäßigen Schreibens doch größer ist, als zunächst gedacht, mit der Konsequenz, dass es auf Dauer unbefriedigend ist, virtuelle Selbstgespräche zu führen. Aus dieser Erkenntnis rechneten die Münchener Wissenschaftler die Zahl von knapp 14 Millionen Karteileichen aus, die sich Blogs nennen. Eine weitere Zahl irritiert. Da sowohl Leser als auch Autoren von Blogs nicht unbeschränkt Zeit zur Verfügung haben, werden viele Ressourcen verschwendet. Viele Artikel in Blogs werden erst gar nicht gelesen. Umgekehrt entspricht die Arbeitszeit, die für nicht arbeitsrelevante Blogs aufgewendet wird, umgerechnet etwa 2,3 Millionen Vollzeitjobs. Sie zitieren hier Ramerstorfer, der die provokante These aufstellt "Amerikaner vertrödeln Arbeitszeit in Weblogs". Gut, der Artikel im PR Magazin geht nicht weiter der Frage nach, ob dies der Freizeit zuzurechnen wäre, oder ob Blogs am Arbeitsplatz gelesen, womöglich dem inneren Wohlbefinden dienen und damit produktiv der Arbeitszeit zuzurechnen wären. Ich hoffe, dass dieser Zahlensalat zum Mittagstisch bekömmlich ist. Für heute wünscht Ihnen Ihr PR-Kolumnist Peter Wolff einen guten Appetit.

Montag, 14. November 2005

Arbeiten statt Bloggen

Jetzt ist das Rätsel gelöst. Warum ist die Blogosphäre hier längst nicht so weit entwickelt, wie in Frankreich oder den USA fragte Jochen Wegner vom Medium Magazin im November in der beiliegenden Journalisten-Doku "Blogs & Co." Gaby Darbyshire, die beruflich Blogger-Geschäftsmodelle entwickelt? Die Antwort verblüfft nicht wirklich, aber in ihrer Deutlichkeit hat dies noch keiner formuliert. "Die Mehrzahl der Deutschen arbeitet zunächst einmal sehr hart und denkt nicht daran, während ihrer Arbeitszeit Weblogs zu schreiben oder zu lesen." Jetzt wissen wir es also. Warum trotz dieses Arbeitseifers die deutsche Wirtschaft krankt, geht aus dieser Antwort zwar nicht hervor, beschreibt aber ein deutsches Phänomen. Sich einer Sache, in diesem Fall der Arbeit, mit Haut und Haaren zu verschreiben, auf dass ein Blick über den Tellerrand möglicher Erkenntnisse nicht mehr möglich ist. Es soll inzwischen sogar wieder Firmen geben, die den Mitarbeitern den Gang zur Teeküche vermiesen. Ein Schritt zurück. Wo sind sie geblieben - die Erkenntnisse moderner Unternehmens- und Mitarbeiterführung? Das "Leben" und "Vorleben" von Unternehmenskultur galt in den Neunziger Jahren als wirtschaftspolitischer Fortschritt. Wahrscheinlich sind Fortschritte in Deutschland nicht mehr en vogue. Statt dessen mit Feuereifer in den Rückschritt, wie es uns derzeit auch eine große Koalition von Wahlverlierern vormacht. Nun gut, in solchen Zeiten braucht es sicherlich auch wieder eine Avantgarde, die die Weichenstellungen für die Zukunft erörtert. Solche Avantgardisten sind in Deutschland sicherlich einige unter den Bloggern zu finden. Also auf in die Zukunft, fordert für heute ihr Kommunikationsfachmann Peter Wolff.

Freitag, 14. Oktober 2005

Image, Ruf und Scheinwelten

"Am wirklichen Leben vorbei" überschreibt Christian Knull im Koblenzer IHK-Journal 10/2005 seinen Bericht über die Berufs- und Lebenswelten und seine Repräsentation in der deutschen "TV-Wirklichkeit". Unternehmer zum Beispiel werden viel zu oft in Soaps, Gerichtsshows oder Fernsehfilmen als unsympathische Typen vorgeführt. Deren Arbeitsalltag hat zudem mit dem wirklichen Leben kaum was zu tun. Kein Wunder also, wenn selten in Deutschland jemand Unternehmer werden will. Gut, es spielen andere Faktoren auch eine Rolle, wie Gründungskapital, fachliche Qualifikation, ein für sich ausreichender Markt und die gehörige Portion Engagement und Selbstbewußtsein - mindestens. Es gibt noch eine Reihe anderer Facetten. Doch wenn bereits die elektronischen Medien ein bestimmtes Stimmungsbild für bestimmte Berufe und Gesellschaftstypen prägen, dann liegt der Verdacht nahe, dass auch in der Realität der Zuspruch zu diesen Branchen und beruflichen Positionen eher gemieden wird. Bestimmte Branchen klammert das Fernsehen komplett aus. Metallberufe machen in Deutschland neun Prozent in den Beschäftigungsverhältnissen aus, im TV sind sie mit nur einem knappen Prozent kaum sichtbar. Hier dominieren Ärzte, Rechtsanwälte, Kommisare/Polizisten, Sänger und Gastronomen. Diese Spezies wird neunmal so oft im Fernsehen gezeigt, wie es ihrem Anteil in der Realität entspricht. Würde das Medium Fernsehen hier seiner gesellschaftspolitischen Mitverantwortung, wenn nicht gar seinem "Vorbild-Charakter", gerecht, bestünde die begründete Hoffnung, dass sich mehr Menschen in Deutschland um produktive, innovative aber auch klassische Berufswege bzw. zum Unternehmertum entschlössen. Ist es nicht gerade diese Aufbruchstimmung, die nötig wäre, um die deutsche Wirtschaft im Allgemeinen, aber auch bestimmte Branchen und Ausbildungswege nach vorne zu bringen? Mit der Pilcherisierung der TV-Landschaft wird dies nicht gelingen. Im Gegenteil. Man darf sich nicht wundern, ob der großen Soap-Schwemme, dass etliche der jungen Generation ausrutschen und ins Schlittern geraten, auf Grund der verkehrten Projezierung von wirklichem Leben via TV in die deutschen Wohnstuben. Diese gesellschaftliche Herausforderung ist eine kommunikative Aufgabe, der sich Fernsehverantwortliche und Drehbuchautoren dringend widmen müssen, fordert für heute ihr Kommunikationsexperte Peter Wolff.

Donnerstag, 25. August 2005

Fußballfans, Musik, Kommunikation und der schwierige Umgang mit Toleranz

Hype im Internetforum um Fangesänge für einen Bundesligaverein

Jüngst hatte auch der Autor sein Deja Vu. Seit knapp 20 Jahren als PR-Profi kommunikationserprobt, entdeckte er plötzlich, warum gestandene Fußball-Bundesligavereine nicht nur Pressesprecher, sondern auch Fan-Beauftragte haben. Denn Kommunikation ist nicht gleich Kommunikation. Diese Erfahrung machte er am Rhein. Genauer, an der Stelle wo der Main in den Rhein mündet. Hier wo sich die beiden Landeshauptstädte Wiesbaden und Mainz gegenüber liegen. Eigentlich ist auch das noch zu ungenau, denn die Erfahrungen wurden im Internet gemacht. Zur Vorgeschichte.

Die einen bezeichnen ihn als Karnevalsverein, andere als erfrischenden Bundesliganeuling der gerade sein ersten Bundesligajahr erfolgreich bestanden hat und auf den Sprung in den UEFA-Cup ist: Mainz 05. Die Zahl hinter der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt weist bereits den Weg: In diesem Sommer feierte der Verein sein 100-Jähriges.

Dass ein solch runder Geburtstag nicht ohne Folgen bleiben konnte war abzusehen. Nicht jedoch die kommunikative Brisanz. Im Mai bekam ich Besuch. Keinen privaten, einen mit geschäftlicher Note. Ein Künstler fand den Weg zu mir, da ich mit der eigenen Marke "Rent a Pressereferent" als Ansprechpartner für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit fungiere. Mittelständische Unternehmen, aber auch Freie Berufe, wie eben Künstler, suchen mich auf, wenn sie den Weg in die Medien gehen wollen. Des Künstlers Name: Werner Aurin. In den 80ern galt er im Schlager- und Pophimmel als große Hoffnung. Mit seiner Gruppe Headline erhielt er 1985 sogar die "Goldene Europa" als Newcomer des Jahres. Er ging in TV-Shows, u.a. bei Alfred Biolek ein und aus. In der Folge wurde es etwas ruhiger um ihn, er stand nicht mehr so häufig in der ersten Reihe. Musikalisch betrat er sowohl Solopfade, stand aber auch als "Björn" im Quartett der "Absolutely Abba for Friends", er gab den Prinz Konrad im Loreley-Musical und komponierte mit "Luzio" ein eigenes Kindermusical. 2005 will er wieder durchstarten. Neben neuen Liedern, die er noch im Herbst auf CD pressen will, gibt es einen speziellen Grund für seinen Besuch.

Beim Latte Machiato erzählt er mir von seinen Ursprüngen und seinen Plänen. Er erblickte tatsächlich als Rosenmontagskind in Mainz das Licht der Welt. Und als Mainzer habe er seinem Verein vier Jubiläumssongs zwar nicht aufs Trikot, doch auf dem Leib geschrieben. Nach langen Jahren in Köln und noch längeren Jahren auf der anderen Rheinseite, im hessischen Taunus, habe er den Verein nie aus den Augen verloren.

Das Problem: Der Verein hat schon eine Haus- und Hofband. Manche behaupten, es sei eine Wald- und Wiesenkapelle, aber immerhin. Als musikalischer Novize will ich mich von musikkritischem Glatteis fern halten. Was dem Feldhamster seine Rote Liste ist, ist den Vier von "Se Bummtschacks" jedoch ihr Bestandsschutz. Wie seinerzeit Gerhard Schröder hier rein wollte (gemeint ist das Kanzleramt), so wollen die Rockkrakelen nicht mehr raus (aus dem Stadion am Bruchweg). Wer gibt auch schon gerne geliebte Pfründe auf?

Der Verein ist in der Zwickmühle. Ina Deter hatte, ebenfalls in den 80ern, zwar neue Männer gefordert, die das Land bräuchte. Aber jetzt und hier und als Musikanten? Dies schien der Vereinsspitze zu gewagt, obwohl man ihn gut kennt. Nicht mal in den Fanshops durfte Werner Aurin seine "4 Jubiläumssongs" vertreiben. Und auch die "Bummtschacks" waren pikiert. Hatte Aurin doch die Lieder mit seiner Gruppe "Heimspiel" aufgenommen. Just so nannten sie ihre letzte CD. Statt es sportlich zu sehen, schließlich wollen beide ins Sportgeschäft oder auch nur den Verein musikalisch unterstützen, wer weiß das schon so ganz genau, und einen musikalischen Wettstreit oder eine musikalische Vielfalt zu pflegen, wurden Fronten aufgebaut.

Doch der Reihe nach. Der PR-Mann, also ich, macht seinen Job. Aurin gibt Radio-Interviews, kommt in die Zeitung, spielt die Songs sogar im Bruchwegstadion - allerdings nicht während der Spiele, denn es ist gerade Sommerpause. Aber ein Familientag mit tausenden Besuchern im Bruchwegstadion ist doch auch etwas. Er findet sogar bei dieser Gelegenheit die Möglichkeit mit dem Mainzer Trainer Jürgen Klopp zu plaudern, immerhin zum Vize-Trainer des Jahres 2005 von den Deutschen Sportjournalisten gewählt. Ein Gespräch von Diplom-Sportlehrer zu Diplom-Sportlehrer. Denn dies hat Aurin studiert. Vier Wochen später sind auf dem Kinderfest der rheinland-pfälzischen Sportjugend 60.000 Menschen im Mainzer Volkspark - und Aurin steht mit seiner Gruppe "Heimspiel" und mit seinen Songs auf der Bühne des landesweiten Radiosenders RPR1. Doch nicht nur die Medien werden über die Jubiläumssongs informiert. Auch und gerade die wichtigsten Fanclubs, die im Internet Flagge zeigen.

An vorderster Front hierbei die renommierte Internet-Fan-Community der Mainzer Kigges.de Doch hier herrscht die berühmt-berüchtigte "Tote Hose" in Bezug auf Aurin. Die CD wird totgeschwiegen. Um einen anderen Ina Deter-Song abgewandelt zu zitieren: Sie kommen langsam, aber gewaltig. Erst am Tag vor der Jubiläums-Party in der Mainzer Innenstadt, das waren sechs Wochen nach der direkten Information via Pressemitteilung, entdeckt irgendein Fan im Internet die Pressemitteilung im OpenPR-Forum über die neuen Fangesänge. Prompt stellt er die Frage ins Kigges-Forum "Kennt den jemand?". Was folgte waren binnen kürzester Zeit 40 Beiträge. Zumeist Schmähkritiken. Diese reichten von Jürgen-Drews-Verschnitt (wegen der Optik, die Pressemitteilung beinhaltete auch ein Foto des Künstlers), bis hin zu Altersheim-Musik (weil Aurin schon die 50 überschritten hat und auch die Stilrichtung der Musik den Rockern im Kigges nicht gefällt). Davon weiß Aurin allerdings nichts. Denn nach sechs Wochen wurden die Foren nicht mehr beobachtet. Am Tag darauf feiert er mit den Fans in der Mainzer Innenstadt das 100jährige des Vereins. Verteilt Autogramme, verkauft mit Freunden seine CD mit den Fangesängen. Und tatsächlich informieren bei dieser Gelegenheit 05-Fans Aurin, dass er im Kigges-Forum nicht gerade geliebt wird. Erstaunt, dass doch über seine Lieder diskutiert wird, werden die Forumsbeiträge am Tag danach analysiert. Wie gesagt, es waren die zuvor genannten Schmähkritiken.

Sollte das so stehen bleiben? Nein. Da er selbst kein geübter Internet-User ist, darf sein PR-Mann im Kigges-Forum seine Sicht der Dinge darlegen. Sachlich und mit dem Tenor des musikalischen Wettstreits und der Vielfalt werden die Schmähungen übergangen. Nur die Bitte um musikalische Toleranz soll bei den Fans um sich greifen. So die Vorstellung.

Was folgte waren mehr als 130 Beiträge innerhalb weniger Stunden. Musikalisch konnte Aurin nicht unbedingt punkten. Zu sehr lagen die musikalischen Geschmäcker auseinander. Einige wurmte es, dass er nicht persönlich im Forum anwesend war. Zu sehr lag wohl die Versuchung in der Luft, ihn direkt virtuell zu zerreißen. Dennoch war es gewöhnlicher Forum-Slang, nicht gerade gepflegte Konversation. Doch dies kennt man ja von Internet-Foren. Dies änderte sich schlagartig, als einer der Konkurrenzmusiker im Forum das Wort ergriff. Ohnehin im Forum mit einem quasi göttlichen Kultstatus umgeben, konnte er sich diverse verbale Tiefschläge und Unsinn gegenüber dem Autor erlauben, dass sogar ihm als PR-Mann Emotionen packten. Zwar sehr zaghafte, aber immerhin. Warum auch nicht, immerhin geht es neben der Musik vor allem um Fußball, wenn da keine Emotionen möglich sein sollen. Doch nun war der Autor das Ziel der Attacken. Dies hatte immerhin auch was Gutes, federte es doch einiges an Kritik ab, die sonst seinen Kunden zugedacht gewesen wären.

Nach drei Stunden war der Spuk zu Ende. Doch nicht aus Einsicht oder Ermüdung, nein die Ursache hatte profanere Gründe. Kigges lud zur wöchentlichen Grill-Party an den Rhein. Umgekehrt hatte dies den Effekt, dass nun in tatsächlicher Face-to-Face-Kommunikation das Thema weiter diskutiert wurde - allerdings ohne mich und meinen Künstler. Einige waren dermaßen enttäuscht, von dieser Debatte nichts mitbekommen zu haben, weil sie direkt nach der Arbeit zum Grillen gegangen sind, dass sie ihr Bedauern noch am nächsten Tag in die Forumsdebatte eintrugen. Die hohe Anzahl von 40 Beiträgen in der ersten Diskussion ("Kennt den jemand?") und die mehr als 130 in der zweiten sind tatsächlich beispiellos, wobei es natürlich viele Beiträge von Personen gab, die sich mehrfach äußerten. Die tatsächliche Anzahl an Diskussionsteilnehmer wird bei 30-40 gelegen haben. Dennoch hatte es eine solch intensive Diskussion selten zuvor in einem regional und thematisch so eingeschränkten Forum gegeben. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich jeder Teilnehmer registrieren musste, was das einfach darauf los plappern verhindert. Umgekehrt lassen andere Faktoren Rückschlüsse auf die tatsächliche Leseaktivität dieser Diskussion zu. Ein Hinweis des Autors innerhalb der Diskussion auf einen entsprechenden thematischen Beitrag in seinem privaten Weblog führte parallel auch in diesem zu ca. 130 Besuchen innerhalb weniger Stunden, die Website von aurinmusic.com registrierte in dieser kurzen Zeitspanne annähernd 400 Downloads von Hörproben seiner Fangesänge.

Zwar führte diese Diskussion, das Suchen einer Kommunikation mit einem Teil der Fans, nicht zum gewünschten Erfolg: Toleranz und musikalische Vielfalt bei den Stadion- und Fußballgesängen herbeizuführen. Dennoch kann festgestellt werden, dies belegen spätere Forumseinträge, dass auch innerhalb der KIGGES-Community eine Diskussion einsetzte, die sich gegen ein verbalen Herabsetzen von einzelnen Fans und auch von Künstlern ausspricht. Repräsentativ war Kigges nie, das wissen Autor und Künstler. Dennoch schaffte es diese Community in den letzten Jahren einen hohen Fan-Status zu erzielen. Wenngleich auch in anderen Diskussionen bei Kigges erkennbar ist, dass sie auch mit anderen Fans nicht sonderlich zimperlich umgehen. Das sind zum einen andere musikalische Vereinsunterstützer, zum anderen andere Fanklubs, die sich nur zu gerne in den Medien wieder finden. Sie werden im Kigges als "Mediennutten" gebrandmarkt. Insofern ist Kigges tatsächlich nicht die gesamte Fan-Community und damit auch die Zuversicht da, mit den Fangesängen andere Fußballfreunde begeistern zu können. Denn ins Stadion am Bruchweg gehen ja nicht nur 100 bis 200 kritische Fans, sondern bis zu 20.000 Fußballanhänger. Viel zu wenig berücksichtigen darüber hinaus die wenigen kritischen Fans, dass es bei Fangesängen um Musik geht, die eingängig sein muss, jedermann muss sie in den Stadionkurven mitsingen können, rockige Songs sind hierzu nur sehr eingeschränkt geeignet. Insofern überraschte es Werner Aurin dann auch nicht, dass sich der rheinland-pfälzische Sportminister lobend über seine Fußball-Songs äußerte. Ihm hätten die "Fangesänge jedenfalls viel Spaß gemacht" und er hofft, dass "die einprägsamen Texte und schwungvollen Melodien bei den Fans gut ankommen". Soweit eine spannende Episode aus dem Spannungsbereich zwischen Fußball, Kommunikation und Fans. Erzählt übrigens mit ausdrücklicher Genehmigung von Werner Aurin. Denn normal ist dies nicht, dass Interna aus Kundenbeziehungen ausgeplaudert werden. Ende gut, alles gut? Abwarten, Musik hören und anfeuern lautet daher die Devise, ausgegeben von einem um neue Kommunikationsperspektiven bereicherten PR-Mann Peter Wolff.

Dienstag, 2. August 2005

Fürs richtige Leben: Samsung löscht versandte SMS

Was kann nicht alles schieflaufen bei der persönlichen oder geschäftlichen Kommunikation? Erst Recht, wenn Ärger über das Gegenüber mit im Spiel ist. Da läuft die verbale Kommunikation schon mal zur Hochform über, die allerdings einige Stunden später schon wieder bedauert wird. Man hat sich gehen lassen. Nicht auf seinem eigentlichen Niveau kommuniziert. Wem ist das noch nicht passiert? Für solch emotionalen Gemüter kommt nun eine technische Lösung von Samsung. Wie die Fachzeitschrift pos-mail berichtete, passender Weise in ihrer Rubrik "No(?)Sense", hat Samsung ein Patent eingereicht, mit dem es möglich sein soll, bereits verschickte SMS in der Mobiltelefon-Eingangsbox des Empfängers zu löschen. Sinniger Weise weist das Blatt darauf hin, dass es schon im bisherigen Leben mit der altbeliebten Snail-Post Personen gab, die mit Personalausweis bewaffnet vor einem Briefkasten auf der Lauer lagen, um dem Briefträger den versandten Brief doch noch abzuschwatzen. Ein Hinweis darauf, dass das Leben doch nicht so im Eiltempo durchschritten werden sollte, wie wir es seit einigen Jahren tun. Also Zeit nehmen, nachdenken, handeln. A pros pos Snail. Als Gegenbewegung zum Fast-Food gibt es seit einiger Zeit lukullische Genießer, die sich zum Slow-Food bekennen - und deren Logo ist, Sie ahnen es, eine Schnecke. Wobei dies allerdings schon wieder die Gefahr der Krisenkommunikation heraufbeschwört. Waren es nicht gerade Froschschenkel und Schnecken, serviert in französischen Speiselokalen, die einen Sturm der Entrüstung in Deutschland entfachten - von Tierschützern. Sie sehen es, Kommunikation ist keine einfache Disziplin. Statt beim nächst besten Ärger eine SMS zu versenden, sollte vielleicht der Versuch gemacht werden bei einem gemeinsamen Essen die Sache zu klären. Klären Sie aber vorher wo es hin gehen soll. Denn ich habe ihnen gerade einige kommunikationstechnische Fußangeln gezeigt. Zum Franzosen - gewagt, zu McDonalds? Die sollen, so habe ich gehört, immer noch im Ruf stehen, für die Abholzung der tropischen Regenwälder zu stehen, obgleich sie in Deutschland kommunizieren, dass die Rinder hier stehen sollen. Beim Italiener? Die Gefahr dass die Mafia Gelder wäscht ist nicht zu unterschätzen. Beim Chinesen? Beuten die nicht eigene Familie und Landsleute in ihren Lokalen aus und sollen nicht zuweilen Hunde auf dem Teller landen? Also überlegen Sie es sich gut.

Doch Vorsicht, diese Kolumne sollte gleichzeitig als Glosse dienen, diejenigen die es nicht bemerkt haben, seien an dieser Stelle darauf hingewiesen, gewissermaßen mein Beipackzettel. Bis demnächst wieder auf kommunikationstechnischem Terrain, Ihr PR-Fachmann Peter Wolff

Montag, 11. Juli 2005

Mitarbeiter-Blogs: Risiko oder falsche Kommunikationspolitik

"Risiko Mitarbeiter-Blogs" titelt die Internet World in ihrer Ausgabe 7/2005. Rechtsanwalt Marcus Beckmann erkennt in der Rubrik "Recht & Internet" zwar, dass negative Äußerungen durch Mitarbeiter sich im Internet besonders schnell verbreiten und auch die Schelte und Herabwürdigung von Konkurrenzprodukten dort nicht gerade dem Image förderlich ist, doch was will er uns damit sagen? Mitarbeiter-Blogs verbieten? Nicht direkt. Stattdessen propagiert unser Anwalt "Genaue Regeln" als Lösung. Machen wir uns nichts vor. Alles das, was hier bemängelt, kritisiert oder vor dem gewarnt wird, ist auch so möglich - ohne Blog. Im angeregten Gespräch im Freundeskreis, in einem anonymen Beitrag in einem Forum u.ä. mehr. Entscheidend ist die Unternehmenspolitik, die Unternehmensethik oder auch die Unternehmenskultur die im Unternehmen gelebt wird. Wie und was wird kommuniziert? Wie wird motiviert? Wie wird gearbeitet? Wie steht man selbst zum Unternehmen, seinen Produkten, seinen Chefs? Wie ernst nimmt man seine Kunden und allgemein die Stakeholder? Gibt es darüber ein gemeinsames Verständnis, dann sollten auch Mitarbeiter-Blogs kein Risiko sein. Wird in Unternehmen jedoch nur hinter vorgehaltener Hand getuschelt, sind Repressalien und Mobbing an der Tagesordnung, dann suchen sich Mitarbeiter und nicht ernst genommene Kunden (manchmal auch geplagte Anwohner) einen Weg diesen Unmut zu kommunizieren. Dies läßt sich dann nicht in Regeln pressen. Denn die Unmutsäußerung erfolgt zumeist außerhalb des Unternehmens, oft auch anonym. Kunden und Anwohner (oder andere Stakeholder) sind zudem nicht an Regeln der Firma gebunden, sie kennen sie nicht einmal. Ehrliche und transparente Kommunikation und ein ebensolches Wirtschaften sollte die Regel in deutschen Unternehmen werden. Dann sind auch Tipps von Rechtsanwälten und der Gang vor Gericht überflüssig.

Doch nicht jeder kann mit ehrlich geäußerten Bedenken, Aussagen und Kritik produktiv umgehen. Zu sehr überwiegt in Deutschland im übertragenen Sinne der Rohrstock. Das muss nicht sein, meint ihr PR-Experte Peter Wolff, denn wir alle sollten lernfähig sein.

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In eigener Sache: Empfehlenswerte Lektüre


Peter Wolff
Die Macht der Blogs



Hg.: Marlies Ockenfeld/1 Beitrag über Weblogs von Peter Wolff
Content - DGI-Proceedings-Band 8


Jahrbuch ´07 des Rheingau-Taunus-Kreis (Peter Wolff (2 Beiträge))


Peter Wolff (2 Beiträge)
Jahrbuch ´06 des Rheingau-Taunus-Kreis

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