Montag, 14. November 2005

Arbeiten statt Bloggen

Jetzt ist das Rätsel gelöst. Warum ist die Blogosphäre hier längst nicht so weit entwickelt, wie in Frankreich oder den USA fragte Jochen Wegner vom Medium Magazin im November in der beiliegenden Journalisten-Doku "Blogs & Co." Gaby Darbyshire, die beruflich Blogger-Geschäftsmodelle entwickelt? Die Antwort verblüfft nicht wirklich, aber in ihrer Deutlichkeit hat dies noch keiner formuliert. "Die Mehrzahl der Deutschen arbeitet zunächst einmal sehr hart und denkt nicht daran, während ihrer Arbeitszeit Weblogs zu schreiben oder zu lesen." Jetzt wissen wir es also. Warum trotz dieses Arbeitseifers die deutsche Wirtschaft krankt, geht aus dieser Antwort zwar nicht hervor, beschreibt aber ein deutsches Phänomen. Sich einer Sache, in diesem Fall der Arbeit, mit Haut und Haaren zu verschreiben, auf dass ein Blick über den Tellerrand möglicher Erkenntnisse nicht mehr möglich ist. Es soll inzwischen sogar wieder Firmen geben, die den Mitarbeitern den Gang zur Teeküche vermiesen. Ein Schritt zurück. Wo sind sie geblieben - die Erkenntnisse moderner Unternehmens- und Mitarbeiterführung? Das "Leben" und "Vorleben" von Unternehmenskultur galt in den Neunziger Jahren als wirtschaftspolitischer Fortschritt. Wahrscheinlich sind Fortschritte in Deutschland nicht mehr en vogue. Statt dessen mit Feuereifer in den Rückschritt, wie es uns derzeit auch eine große Koalition von Wahlverlierern vormacht. Nun gut, in solchen Zeiten braucht es sicherlich auch wieder eine Avantgarde, die die Weichenstellungen für die Zukunft erörtert. Solche Avantgardisten sind in Deutschland sicherlich einige unter den Bloggern zu finden. Also auf in die Zukunft, fordert für heute ihr Kommunikationsfachmann Peter Wolff.

Freitag, 14. Oktober 2005

Image, Ruf und Scheinwelten

"Am wirklichen Leben vorbei" überschreibt Christian Knull im Koblenzer IHK-Journal 10/2005 seinen Bericht über die Berufs- und Lebenswelten und seine Repräsentation in der deutschen "TV-Wirklichkeit". Unternehmer zum Beispiel werden viel zu oft in Soaps, Gerichtsshows oder Fernsehfilmen als unsympathische Typen vorgeführt. Deren Arbeitsalltag hat zudem mit dem wirklichen Leben kaum was zu tun. Kein Wunder also, wenn selten in Deutschland jemand Unternehmer werden will. Gut, es spielen andere Faktoren auch eine Rolle, wie Gründungskapital, fachliche Qualifikation, ein für sich ausreichender Markt und die gehörige Portion Engagement und Selbstbewußtsein - mindestens. Es gibt noch eine Reihe anderer Facetten. Doch wenn bereits die elektronischen Medien ein bestimmtes Stimmungsbild für bestimmte Berufe und Gesellschaftstypen prägen, dann liegt der Verdacht nahe, dass auch in der Realität der Zuspruch zu diesen Branchen und beruflichen Positionen eher gemieden wird. Bestimmte Branchen klammert das Fernsehen komplett aus. Metallberufe machen in Deutschland neun Prozent in den Beschäftigungsverhältnissen aus, im TV sind sie mit nur einem knappen Prozent kaum sichtbar. Hier dominieren Ärzte, Rechtsanwälte, Kommisare/Polizisten, Sänger und Gastronomen. Diese Spezies wird neunmal so oft im Fernsehen gezeigt, wie es ihrem Anteil in der Realität entspricht. Würde das Medium Fernsehen hier seiner gesellschaftspolitischen Mitverantwortung, wenn nicht gar seinem "Vorbild-Charakter", gerecht, bestünde die begründete Hoffnung, dass sich mehr Menschen in Deutschland um produktive, innovative aber auch klassische Berufswege bzw. zum Unternehmertum entschlössen. Ist es nicht gerade diese Aufbruchstimmung, die nötig wäre, um die deutsche Wirtschaft im Allgemeinen, aber auch bestimmte Branchen und Ausbildungswege nach vorne zu bringen? Mit der Pilcherisierung der TV-Landschaft wird dies nicht gelingen. Im Gegenteil. Man darf sich nicht wundern, ob der großen Soap-Schwemme, dass etliche der jungen Generation ausrutschen und ins Schlittern geraten, auf Grund der verkehrten Projezierung von wirklichem Leben via TV in die deutschen Wohnstuben. Diese gesellschaftliche Herausforderung ist eine kommunikative Aufgabe, der sich Fernsehverantwortliche und Drehbuchautoren dringend widmen müssen, fordert für heute ihr Kommunikationsexperte Peter Wolff.

Dienstag, 27. September 2005

Parteien nicht Dialogfähig

Nielsen Media testete, wie die deutschen Parteien auf Kontaktversuche von Bürgern auf verschiedene Kommunikationskanälen reagieren. Das Ergebnis ist ernüchternd, wie es die Direktmarketing-Zeitschrift One to One in ihrer Ausgabe 10/05 schildert. Insgesamt gaben die Forscher den Parteien nur ein "Ausreichend". Am besten schnitten noch die Grünen mit 58 von möglichen 100 Punkten ab, gefolgt von CDU (56) und SPD (55). Auf den letzten Rängen finden sich die Linkspartei (49) und die FDP mit nur 38 Punkten wieder. Die höchste Kompetenz erreichen alle Parteien beim Thema Website. Bei Emails punktete die Linkspartei mit schnellen persönlichen Antworten. Telefonisch ist die CDU am besten im Dialog, während die SPD noch den "normalen" Brief per Post schätzt, wenn auch teilweise verspätet. Kann dieses Ergebnis das Vorurteil bestätigen, dass sich die Parteien bereits weit vom "normalen Wahlvolk" entfernt haben? Oder liegt es schlicht an unprofessionellen Dialogstrukturen? Will man überhaupt Kontakt und Dialog? Eigentlich ist es zwingend, wenn man sich ständig in Wahlen das Testat vom Bürger abholen muss. Insofern überrascht es, dass sich Parteien nicht auf erfolgreiches und zeitgemäßes Kommunizieren verstehen. Verstehen kann man es wahrscheinlich nur, wenn man ins Dickicht der Parteistrukturen und ihrer Arbeitsweisen eindringt. Dennoch ist es schwierig, dort beim Aufbrechen der verkrusteten Strukturen offene Ohren vorzufinden. Dennoch, die Hoffnung stirbt zuletzt, glaubt für heute ihr Parteienbeobachter Peter Wolff.

Montag, 19. September 2005

Kanzler Schröders Kommunikation der Arroganz

Schon oft sah man Beispiele, wie Menschen mit Ellenbogen und Machtgier andere zur Seite drängten. Die Politik und die Parteien reihten sich in dieser Form des "Agierens" ein. Ein Paradebeispiel erleben wir in diesen Stunden, nach der Bundestagswahl. Da stellt sich ein Kanzler, der vor drei Monaten klagte ihm fehle die Unterstützung für die Fortsetzung seiner Reformpolitik, sich dies noch vom Bundesverfassungsgericht bestätigen ließ und der nun tatsächlich vom Wähler seine Koalitionsmehrheit genommen bekam, hin und will weiter regieren. Selbst ein Regierungsauftrag, bislang in unserer Demokratie so gehabt, dass die stärkste Bundestagsfraktion dies versucht, wird vom Kanzler abgelehnt. Eine Regierung mit SPD-Beteiligung werde nur unter einen "Kanzler Schröder" statt finden. Ist dies noch Demokratie? Handelt es sich beim Amt des "Kanzlers" nur noch eine "Personalie" oder handelt es sich schlicht um Arroganz oder Alterssturheit eines glänzenden Rhetorikers? Diese Art der Kommunikation hat zwei Facetten.

Zum einen steht tatsächlich zu befürchten, dass ein amtsverliebter Mensch, entgegen anderen Aussagen sich von Reformgegnern (Linkspartei) im Amt bestätigen läßt, ohne für seine Reformpolitik eine tatsächliche Unterstützung in seiner Partei zu haben. Dies nur weil er amtsgeil ist?

Auf der anderen Seite führt diese Art der Kommunikation dazu, dass sich Menschen entweder noch stärker als bislang in ihrer Ansicht des "Parteienstaats" bestätigt fühlen. Sie glauben mehr als je zuvor, dass Parteien, in diesem Fall die SPD, mit dem Staat machen kann was sie wollen. Dies wird, so meine Prognose zu einem nachhaltigen Schaden für unsere Demokratie führen. Es wird aber auch dazu führen, ebenfalls im Widerspruch zum gängigen Klischee von sozialdemokratischer Politik, dass sich in unserer Gesellschaft eine Ellenbogenmentalität, ein Agieren ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verluste, etablieren wird. Auch das belegt: Zwischen Worten und Taten liegen oftmals Welten. Es unterstreicht auch die Bedeutung purer Rhetorik, Demagogie und Polemik. Gesellschaftliche Visionen und Weichenstellungen "sind Wurscht", es zählt allein der "orale Schein". Mit ihm, dies belegt das Wahlergebnis und die Alterssturheit einiger SPD-Größen, läßt sich fantastisch das Volk blenden. Und ich dachte schon, die Demokratie habe sich in knapp 60 Jahren Demokratie von Blendern gelöst. Ein Irrglaube?

Bis zu besseren Nachrichten und den Blick auf Kommunikationsbeispielen, Ihr Peter Wolff

Dienstag, 30. August 2005

"Berlin, wir haben ein (Vermittlungs-) Problem" - Jugendliche und Politik

Zwischen Politik und Jugendlichen gibt es ein "großes Vermittlungsproblem" berichtet Politikprofessor Jens Tenscher von der Universität Landau, bei der Vorstellung erster Ergebnisse einer Studie, die sich dem Thema widmete "Was denken Jugendliche in Rheinland-Pfalz wirklich über Politik?". Noch normal sei es, dass sich Jugendliche in ihrem Alter anderen Themen widmen (vorrangig Freundschaft, Musik, Liebe, Partnerschaft, Ausbildung und Beruf), doch bedenklich sei es, dass Jugendliche nicht einmal von der Politik frustriert seien, sondern sich erst gar nicht damit beschäftigen (auf den letzten Plätzen finden sich Umwelt/Umweltschutz, Kunst/Kultur, Politik und Wirtschaft). Doch hier zeigen sich bereits erste Unschärfen in der Untersuchung. Denn wenn es um das Image geht, zeigt sich wieder einmal das klassische Muster, dass sich Presse, Gewerkschaften und Politiker auf den letzten Rängen wieder finden. Vertrauen hingegen haben Jugendliche in freiwillige Hilfsorganisationen, sowie in Gruppen des Tier- und Umweltschutzes - und dies, obwohl sie das Thema ja fast genausowenig interessiert. Ein Indiz dafür, dass sich tatsächlich in der Vermittlung von Politik große Gräben auftun. Aber es ist auch ein Indiz, dass sich in unserer Wertegesellschaft etwas getan hat. Auf der einen Seite ist es schön, dass "Freiwilligkeit" ein solch gutes Ergebnis erzielt, während man in anderen Lebenssituationen kaum auf Eigen- und Selbstverantwortung setzt. Auf der anderen Seite ist zu hinterfragen, warum Ziele und Organisation der "freiwilligen Organisationen" kaum kritisch beleuchtet werden. Sie sind allein wegen ihres Marketings, wegen ihres Namen "toll". Vielleicht auch wegen ihres Angebotes. Fast 700 der 1800 befragten Jugendlichen sind Mitglied in einem Sportverein, 150 übernehmen dort immerhin auch ein Amt. Auch in Gesangsvereinen, Jugendorganisationen und kirchlichen Gruppierungen ist diese Zielgruppe aktiv. Nur 33 Befragte "outen" sich als Mitglied einer Partei, 27 sind Mitglied einer Gewerkschaft.

Wird der letzte Bundestagswahlkampf der Liberalen bis heute als Spaßwahlkampf stigmatisiert, so ist es offensichtlich gerade das, was Jugendliche wollen. Denn gefragt, warum sie sich nicht politisch engagieren, gaben sie an, zuwenig davon zu wissen, gefolgt von "weil es keinen Spaß macht". Und das zuwenig wissen haben sie ja selbst in der Hand. Jeder kann sich sein Wissen selbst aneignen. Dennoch, ich will es nicht verhehlen, sind viele Parteien und Politiker nicht gerade Jugendfreundlich, wenn es um das Mitmachen und die Kommunikation geht. Also auf beiden Seiten bestehen große Herausforderungen auf einander zu zu gehen - und am Image zu arbeiten Ob dies in absehbarer Zeit gelingt, fragt für heute Ihr Kommunikationsfachmann Peter Wolff?

Parteien suchen den direkten Dialog

Noch sei der direkte Weg zum Wähler weit, doch es sei unverkennbar, dass die Parteien, insbesondere die kleineren, ihre Kommunikationspolitik ändern, schreibt die aktuelle Ausgabe der Direktmarketingzeitschrift One to One. Während Grüne und Liberale auf Interaktion setzen, böten Sozialdemokraten im aktuellen Wahlkampf eher Symbolisches und die Christdemokraten Traditionelles. Dies vor dem Hintergrund, dass sich 70 Prozent der deutschen Wähler durch die klassische Fernseh- und Plakatwerbung nicht zum Urnengang motiviert fühlen. Dennoch verschlinge die klassische Werbung den Löwenanteil der Wahlkampfmittel. Etwa ein Prozent geben die Volksparteien für Online-Werbung aus. In US-Wahlkämpfen ist dies bereits der zweitgrößte Posten in der direkten Wähleransprache. Vorreiter beim Dialog sind die kleinen Parteien, berichtet das Magazin. Gegenüber den komplexen Mitgliederorganisationen der Volksparteien kommen die Kleinen in puncto Kampagnen schneller zum Konsens, wird weiter berichtet. Die Grünen ließen ihre Web-Community sogar am grünen Parteiprogramm virtuell mitwirken. Hierzu wurde innerhalb der Online-Enzyklopädie Wikipedia eigens für den Wahlkampf ein Forum eröffnet. Die SPD nutzt bereit das neue Instrument Podcasting, während die Liberalen zielgruppengerechte (Micro Targeting) Mailings verschickt. Hier werden beispielsweise Zahnärzte zu einem gesundheitspolitischen Kongress eingeladen. Mit einer 50-Euro-Spende kann man dort ein Plakat direkt vor dem Büro der Gesundheitsministerin unterstützen. Der FDP-Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Beerfeltz wird mit den Worten zitiert "Es geht nicht an, dass die Bürger mehr Dialog wegen ihrer neuen Kaffeemaschine führen als mit ihrem direkt gewählten Abgeordneten". So richtig diese Meinung ist, so erstaunlich ist sie auch. Denn die FDP hat gar keine direkt gewählten Abgeordneten. Ihre Abgeordneten werden alle auf Grund von Landeslisten entsandt, weiss für heute Ihr PR-Experte Peter Wolff.

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In eigener Sache: Empfehlenswerte Lektüre


Peter Wolff
Die Macht der Blogs



Hg.: Marlies Ockenfeld/1 Beitrag über Weblogs von Peter Wolff
Content - DGI-Proceedings-Band 8


Jahrbuch ´07 des Rheingau-Taunus-Kreis (Peter Wolff (2 Beiträge))


Peter Wolff (2 Beiträge)
Jahrbuch ´06 des Rheingau-Taunus-Kreis

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