Dienstag, 30. August 2005

"Berlin, wir haben ein (Vermittlungs-) Problem" - Jugendliche und Politik

Zwischen Politik und Jugendlichen gibt es ein "großes Vermittlungsproblem" berichtet Politikprofessor Jens Tenscher von der Universität Landau, bei der Vorstellung erster Ergebnisse einer Studie, die sich dem Thema widmete "Was denken Jugendliche in Rheinland-Pfalz wirklich über Politik?". Noch normal sei es, dass sich Jugendliche in ihrem Alter anderen Themen widmen (vorrangig Freundschaft, Musik, Liebe, Partnerschaft, Ausbildung und Beruf), doch bedenklich sei es, dass Jugendliche nicht einmal von der Politik frustriert seien, sondern sich erst gar nicht damit beschäftigen (auf den letzten Plätzen finden sich Umwelt/Umweltschutz, Kunst/Kultur, Politik und Wirtschaft). Doch hier zeigen sich bereits erste Unschärfen in der Untersuchung. Denn wenn es um das Image geht, zeigt sich wieder einmal das klassische Muster, dass sich Presse, Gewerkschaften und Politiker auf den letzten Rängen wieder finden. Vertrauen hingegen haben Jugendliche in freiwillige Hilfsorganisationen, sowie in Gruppen des Tier- und Umweltschutzes - und dies, obwohl sie das Thema ja fast genausowenig interessiert. Ein Indiz dafür, dass sich tatsächlich in der Vermittlung von Politik große Gräben auftun. Aber es ist auch ein Indiz, dass sich in unserer Wertegesellschaft etwas getan hat. Auf der einen Seite ist es schön, dass "Freiwilligkeit" ein solch gutes Ergebnis erzielt, während man in anderen Lebenssituationen kaum auf Eigen- und Selbstverantwortung setzt. Auf der anderen Seite ist zu hinterfragen, warum Ziele und Organisation der "freiwilligen Organisationen" kaum kritisch beleuchtet werden. Sie sind allein wegen ihres Marketings, wegen ihres Namen "toll". Vielleicht auch wegen ihres Angebotes. Fast 700 der 1800 befragten Jugendlichen sind Mitglied in einem Sportverein, 150 übernehmen dort immerhin auch ein Amt. Auch in Gesangsvereinen, Jugendorganisationen und kirchlichen Gruppierungen ist diese Zielgruppe aktiv. Nur 33 Befragte "outen" sich als Mitglied einer Partei, 27 sind Mitglied einer Gewerkschaft.

Wird der letzte Bundestagswahlkampf der Liberalen bis heute als Spaßwahlkampf stigmatisiert, so ist es offensichtlich gerade das, was Jugendliche wollen. Denn gefragt, warum sie sich nicht politisch engagieren, gaben sie an, zuwenig davon zu wissen, gefolgt von "weil es keinen Spaß macht". Und das zuwenig wissen haben sie ja selbst in der Hand. Jeder kann sich sein Wissen selbst aneignen. Dennoch, ich will es nicht verhehlen, sind viele Parteien und Politiker nicht gerade Jugendfreundlich, wenn es um das Mitmachen und die Kommunikation geht. Also auf beiden Seiten bestehen große Herausforderungen auf einander zu zu gehen - und am Image zu arbeiten Ob dies in absehbarer Zeit gelingt, fragt für heute Ihr Kommunikationsfachmann Peter Wolff?

Parteien suchen den direkten Dialog

Noch sei der direkte Weg zum Wähler weit, doch es sei unverkennbar, dass die Parteien, insbesondere die kleineren, ihre Kommunikationspolitik ändern, schreibt die aktuelle Ausgabe der Direktmarketingzeitschrift One to One. Während Grüne und Liberale auf Interaktion setzen, böten Sozialdemokraten im aktuellen Wahlkampf eher Symbolisches und die Christdemokraten Traditionelles. Dies vor dem Hintergrund, dass sich 70 Prozent der deutschen Wähler durch die klassische Fernseh- und Plakatwerbung nicht zum Urnengang motiviert fühlen. Dennoch verschlinge die klassische Werbung den Löwenanteil der Wahlkampfmittel. Etwa ein Prozent geben die Volksparteien für Online-Werbung aus. In US-Wahlkämpfen ist dies bereits der zweitgrößte Posten in der direkten Wähleransprache. Vorreiter beim Dialog sind die kleinen Parteien, berichtet das Magazin. Gegenüber den komplexen Mitgliederorganisationen der Volksparteien kommen die Kleinen in puncto Kampagnen schneller zum Konsens, wird weiter berichtet. Die Grünen ließen ihre Web-Community sogar am grünen Parteiprogramm virtuell mitwirken. Hierzu wurde innerhalb der Online-Enzyklopädie Wikipedia eigens für den Wahlkampf ein Forum eröffnet. Die SPD nutzt bereit das neue Instrument Podcasting, während die Liberalen zielgruppengerechte (Micro Targeting) Mailings verschickt. Hier werden beispielsweise Zahnärzte zu einem gesundheitspolitischen Kongress eingeladen. Mit einer 50-Euro-Spende kann man dort ein Plakat direkt vor dem Büro der Gesundheitsministerin unterstützen. Der FDP-Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Beerfeltz wird mit den Worten zitiert "Es geht nicht an, dass die Bürger mehr Dialog wegen ihrer neuen Kaffeemaschine führen als mit ihrem direkt gewählten Abgeordneten". So richtig diese Meinung ist, so erstaunlich ist sie auch. Denn die FDP hat gar keine direkt gewählten Abgeordneten. Ihre Abgeordneten werden alle auf Grund von Landeslisten entsandt, weiss für heute Ihr PR-Experte Peter Wolff.

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