Donnerstag, 21. April 2005

Kapitalismuskritik - Eine Herausforderung für Wirtschaftskommunikation

Wer hätte das gedacht, Franz Müntefering bekräftigt seine Ambitionen, der Karl Marx des dritten Jahrtausends zu werden. Wer hätte weiter gedacht, dass der alte Karl/Franz so viele Anhänger hat? Glaubt man den Umfragen bundesdeutscher Boulevard-Blätter, sind es immerhin mehr als 60 Prozent. Gut, nicht repräsentativ. Aber was zählt ist die Stimmung im Volk. Wer hier die Meinungsführerschaft erringt und sich dabei durch solche Umfragen bestätigt fühlen kann, der hat seine Arbeit gut gemacht. Bravo Karl-Franz.

Was man von den Kommunikationsstrategen der angegriffenen Wirtschaft nicht behaupten kann. Zwar hat der Arbeitgeber-Verbands-Chef tatsächlich etwas geheult wie ein getretener Hund(t), auch einige professorale Wirtschafts-Ethiker nutzten das Kommunikationsloch, um sich und ihre Disziplin etwas bekannter zu machen. Doch wo bleiben diejenigen Wirtschaftsführer, die sich noch um das magere Wirtschaftswachstum verdient machen? In schwierigsten Situationen, durch mangelnde Inlandsnachfrage, durch unfaire europäische Wettbewerbsbedingungen und durch überbordende deutsche Bürokratie ausgebremst, kämpfen viele ums Überleben, einige auch um neue Chancen in neuen Märkten. Vielleicht fehlt denen die Zeit, um auf sauerländische und sauertöpfische Angriffe zu reagieren. Der Karl-Franz hat es ja auch auch einfacher. Er lebt von den Tantiemen der Steuerzahler. Versteht von Wirtschaft so viel wie eine Kuh vom Segeln. Dafür versteht er umso mehr von Populismus. Ein Virus der bei einer darbenden und visonslosen Bevölkerung offenbar auf fruchtbaren Nährboden fällt. Vielleicht auch nicht. Vielleicht sehen wir hier nur die "Veröffentlichte Meinung". Denn repräsentativ, dass stellte ich oben bereits fest, waren die Applaudierer nicht. Bühnenreif war das sauerländische Volkstheater dennoch.

Trotz des kurzen Szenenapplauses kann Franz-Karl es nicht verbergen: Überzeugende Leistungen bringt auch er nicht auf die Bühne. Nicht umsonst leiden sowohl Politiker (aller Richtungen), als auch Wirtschafskapitäne unter immensen Image- und Akzeptanzproblemen. Oft hört man die Selbstkritik "man habe ein Vermittlungsproblem". Dieses zu beheben ist jedoch für beide Seiten emminent wichtig, sonst brechen unserer Demokratie wichtige Eckpfeiler weg. Politik und Wirtschaft sind nun einmal komplexe Sachverhalte. Hier kann man in der Bevölkerung nicht so emotionale Wirkungen erzielen, wie manche "Gutmenschen", die im Nu tausendfache Unterstützung für ein traurig ausschauendes Robbenbaby erhalten können. Neben dem reinen Vermittlungsproblem dieser komplexen Materie sind es natürlich auch individuelle Auswüchse, die unserer bundesrepublikanischen Neiddebatte Futter liefern und/oder tatsächlich ethisch unvertretbar sind. Aber diese Phänomene kommen überall im Volk vor. Diese auf die beiden Zielgruppen zu verallgemeinern, ist daher unzulässig. Es unterstreicht nur die Dringlichkeit für die fachlich richtige Kommunikation - die allerdings auch verständlich für das Zielpublikum sein muss. Soweit die Erkenntnisse und Eindrücke des Kommunikationsexperten Peter Wolff, der Ihnen liebe Leser wieder eine schöne Woche wünscht.

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