Dienstag, 3. Mai 2005

Insekten-Debatte: Metaphern erhöhen die öffentliche Wahrnehmung

Da ist sie wieder. Jene Diskussion, die wir in Deutschland mindest 1-2 mal im Jahr haben. Welche metaphorischen Vergleiche sind statthaft, welche sind zu verurteilen und welche sollten in den Tabu-Tresor? Heuschrecken wären Karl Marx nie eingefallen. Andererseits waren seine Texte rein stilistisch schon zum abgewöhnen. Die wenigsten wären auf die Idee gekommen, sich solche Formulierungen freiwillig anzutun. Da hat die selbsternannte Inkarnation von Karl Marx, Franz Müntefering, eine Debatte vom Zaun gebrochen und dabei die Metapher der Heuschreckenplage eingeführt. Nun vergleicht unser einziger Bundeswehr-Prof (gibt es überhaupt noch andere Professoren an der Bundeswehr-Hochschule, man hört immer nur von Wolffsohn? Immerhin permanente PR in eigener Sache - das kann er gut) die Heuschrecken-Aussage mit dem Nazivokabular. Konnte eine Woche lang Münte die Prügel einstecken, muß sich nun Wolffsohn warm anziehen. Wir Deutschen tun uns schwer mit freier Meinungsäußerung und manchmal auch harten, vermurksten oder auch falschen Vergleichen. Von meiner Seite gibt es Lob für beide. Nicht wegen der Inhalte ihrer Äußerungen. Nein, aber sie verstanden es durch ihre zugespitzte Wortwahl, Themen auf die Agenda zu setzen, die es Wert sind, breiter diskutiert zu werden. Zwar wünschte ich mir, dass sich darüber kultivierter diskutieren läßt. Doch seien wir ehrlich. Die Medien, da bilden die deutschen Medien keine Ausnahme, wollen nicht über komplexe Dinge aufklären. Sie finden es wunderbar irgendwelche Fettnäpfchen auszugraben, in die der eine oder andere hineingestolpert ist. Sie verstehen es Kleinigkeiten zu skandalisieren - Wohlgemerkt Kleinigkeiten im Vergleich zu den wirklich wichtigen Themen, die wir in Deutschland auf die Bahn bringen müssen. Seit einigen Jahren will man mein Argument dadurch entkräften, dass es hin und wieder ein Dossier, eine Infografik oder auch verstärkt Verbraucher- und Service-Themen gibt, mit denen sich die Medien als "Anwalt der Leser/Verbraucher" etablieren wollen. Doch dies sind Potemkinsche Dörfer. Zwar schön anzuschauen und zu lesen, doch die Bürger müssen "aufgeklärt" werden: Über den Zustand des Landes, darüber wie es weiter gehen kann. Immer nur Fronten aufzubauen, hilft zwar Schlagzeilen zu produzieren. Langfristig wird der Unmut über unsere Demokratie überwiegen. Der Preis des Populismus. Wie gesagt, die beiden Metapher-Häuptlinge haben es verstanden, Themen in den Vordergrund zubringen und damit eine Diskussion anzustoßen. Jetzt müssen wir in Deutschland nur noch lernen, wie sich konstruktiv streiten lässt. Gegenseitige Schuldzuweisungen und Tabuverordnungen helfen hierbei nicht. Wir alle, gerade jene in der Kommunikationswelt, sollten uns dieser gewichtigen Kommunikationsaufgabe stellen.

Einen schönen Feiertag wünscht Ihnen Ihr Peter Wolff

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